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Auf einmal wollen alle Klimaschutz und was war mit der neuen Autobahn?!


Thomas Klein, grünes Ratsmitglied aus Osnabrück und Bundestagskandidat der Grünen im Wahlkreis 39 (beinhaltet die Gemeinde Wallenhorst) hatte zu einem Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Groß von der Universität Osnabrück eingeladen. Mit dem Professor für öffentliches Recht wollte er die Frage diskutieren, ob und aus welchem Grund neue Autobahnen juristisch verhindert werden können und sollten.


Thema war zunächst die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum aktuellen Klimaschutzgesetz. Das BVerfG hatte nämlich dieses Gesetz der Großen Koalition für verfassungswidrig erklärt. Es bürdet die Maßnahmen zur Einhaltung des notwendigen Klimaschutz Zieles von max. 1,5 Grad weiterer Klimaerwärmung den nachfolgenden Generationen auf, statt schon heute wirksam gegenzusteuern. Das aber bedeutet eine Verletzung „intertemporaler Freiheitsrechte“, für die es keine Rechtfertigung gibt. Das BVerfG verwies auf das Grundrecht zum Schutz von Leben und Gesundheit der zukünftig Betroffenen. Das wird durch die mangelhaften Klimaschutzmaßnahmen im Klimaschutzgesetz verletzt. Mal weg vom Juristen Deutsch bedeutet das im Klartext: Aktuell handeln wir so, dass unsere Kinder und Enkel mit einer Umwelt konfrontiert werden, die krank macht oder sogar tödlich ist (nach Berechnung der EU hat der Hitzesommer 2018 allein in Deutschland mehr als 20.000 Todesopfer gefordert). Außerdem stützte das Gericht seine Entscheidung darauf, dass auch das Staatsziel Umweltschutz verletzt wird.


Diese für den Kampf gegen den Klimawandel so wichtige Entscheidung des BVerfG ist für die Rechtmäßigkeit von Autobahn Neubauten von großer Bedeutung. Das legte Prof. Dr. Groß dar, weil neue Autobahnen (auch wenn sie eine vermeintliche Verkürzung der Strecke darstellen) stets einen erheblichen Ausstoß des klimaschädlichen Gases CO2 bedeuten. Das BVerfG ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Deutschland, wie auch alle anderen Staaten weltweit, nur noch ein gewisses Restbudget an CO2-Emission zusteht, um das 1,5 Grad Klimaschutz Ziel von Paris erreichen zu können. Schon die hohen CO2-Emissionen beim Bau (u.a. Unmengen an Beton) und beim Betrieb (Anziehung neuer plus Verlagerung von Verkehrsmengen) bedeuten deshalb aus Verfassungsgründen einen Stopp von Neubauten.


Konkret zur A33-Nord stellte Prof. Dr. Groß fest, dass bei seiner Durchsicht der ausgelegten Unterlagen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sich nichts dazu findet, dass überhaupt die Auswirkungen dieses Neubaus auf das globale Klimageschehen geprüft worden wären. Dies ist aber schon seit 2017 in Deutschland geltendes Recht und muss daher zwingend erfolgen. Wenn sich die Genehmigungsbehörde mit den Folgen auf das Klimageschehen aber gar nicht beschäftigt hat, dann ist bereits jetzt die vorliegende UVP so mangelhaft, dass eine gleichwohl erfolgte Baugenehmigung in einem Prozess keinen rechtlichen Bestand haben wird. Und das gilt nicht nur für die A33-Nord, sondern auch bei anderen Autobahnprojekten ist das seit 2017 geltende Recht ignoriert worden.


Am Schluss des Gespräches stellte Gastgeber Thomas Klein fest, dass erstens die Entscheidung des BVerfG vom 24.04.2021 eine große Hilfe im juristischen aber auch politischen Kampf gegen neue Autobahnprojekte ist und dass zweitens Autobahnen juristisch verhindert werden können, wenn eine Prüfung der Auswirkungen auf das globale Klimageschehen unterbleibt, bzw. die zusätzlichen CO2-Emissionen nicht kompensiert werden (können).


Diese Entwicklung bedeutet bei einem Stopp der A33Nord u. a.:

  • das FFH Schutzgebiet im Ruller Bruch kann erhalten werden
  • der bei einer Fertigstellung des Bauvorhabens prognostizierte noch einmal deutlich steigende Zubringer Verkehr über die L109 wird vermieden
  • die Stadt Osnabrück kann sich darauf konzentrieren, die Verkehrsführung der B68 vor allem für Radfahrer sicherer zu machen und den Quell- und Suchverkehr der LKW besser zu lenken
  • der A30 Ausbau kann auf bereits (größtenteils) bestehender Trasse den Verkehr aufnehmen und ein im Vergleich zu heute vorgeschriebener deutlich erhöhter Lärmschutz wird den Anwohner zugute kommen
  • mit dem (aktuell) geplanten Kostenbudget von 170 Millionen Euro für neun Kilometer Autobahn können klimagerechte Mobilitätskonzepte (z. B. Güterverkehr auf die Schiene) finanziert werden (richtig: dafür muss der Gesetzes Rahmen geändert werden, damit Einnahmen aus der LKW Maut wieder dafür genutzt werden dürfen)

Thomas Klein, Mario Wöstmann

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