Im Herbst ernteten wir Kartoffeln bei Oma, im Kühlraum standen dutzende Einweckgläser mit Birnen und Kirschen, Obst und Gemüse wurde vor allem nach Saison gekauft. Heute gibt es im zeitigen Frühjahr Kartoffeln aus Ägypten, Äpfel aus Neuseeland und Erdbeeren aus Spanien, saisonal und regional ist dieses Angebot nicht. Und selbst Bioware, die zwar nach gewissen Öko-Standards produziert worden ist, muss kritisch betrachtet werden, wenn sie zuvor weite klimaschädliche Transportwege zurückgelegt hat und unter laschen Vorgaben oder zu Billiglöhnen produziert worden ist. Hier geht es ein Stück weit um den gesunden Menschenverstand. Wenn wir Klima, Umwelt und unsere Gesundheit nachhaltig schützen wollen, heißt das zunächst einmal, auf regionales Obst und Gemüse, Milch und Fleisch zurückzugreifen.
In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch auf die Massentierhaltung zu verweisen, die viele negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft hat. Das ganze System läuft falsch und gehört reformiert. Denn wenn in Deutschland Kühe und Schweine mit Soja aus Südamerika gefüttert werden, für dessen Anbau wiederum der Regenwald abgeholzt wird, hat das fatale Auswirkungen auf das Weltklima. Der Zukauf von Futter ist nichts anderes als ein „Import von hier nicht vorhandener Anbaufläche“. Das Fatale daran ist, dass die anfallende Gülle nicht nach Südamerika zurückgeschickt wird, sondern hier ausgebracht werden muss. Das führt in vielen Regionen zu einer Belastung unseres Grundwassers mit Nitrat. Die Massentierhaltung hier bedeutet längst Überproduktion, welche die Preise künstlich niedrig. Billigfleisch wird in die ganze Welt exportiert ohne dass die Erzeuger vor Ort , Landwirte und Landwirtinnen in der Region, wirtschaftlich viel davon haben.
In Deutschland werden über 200 Millionen Schweine und Rinder gehalten. Vielen geht es schlecht. Jedes vierte tierische Produkt stammt von einem kranken Tier. Die billigen Schlachthofarbeiter aus Osteuropa produzieren unter menschenunwürdigen Bedingungen Fleisch, dessen Preise mit tierischem und menschlichen Leid erkauft sind. Ist es ethisch zu verantworten, so mit seinen Mitgeschöpfen umzugehen? Wir brauchen wirksamere Kontrollen der Schlachthöfe im Landkreis, wie es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schon länger fordern. Schlachthöfe müssen außerdem verlässlicher auf die Einhaltungen ihrer betrieblichen Kapazitäten und der Tierschutz-Vorschriften überprüft werden.
Im Gegensatz zu Industrieunternehmen, die ihre zusätzlichen Kosten für Umweltauflagen häufig auf die Kunden abwälzen, schaffen Bauern das selten, weil ihre wichtigsten Abnehmer nicht Millionen Endverbraucher sind, sondern der Lebensmitteleinzelhandel, der aufgrund seiner großen Marktmacht den Landwirten die Preise diktiert.
Die großen Discounter/Supermärkte haben aber das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt. Nun hat Aldi als erster angekündigt, stufenweise bis 2030 nur noch Fleisch aus Haltungsform 3 und 4 anzubieten und ist damit noch vor der flügellahmen Bundesregierung dem immer größer werdenden Wunsch der Gesellschaft nach fairen Bedingungen für Tier und Mensch nachgekommen!
22 % des Geldes, das die Verbraucher für Fleisch ausgeben, landet beim Bauern. 1950 waren das noch 67 %, die dreifache Menge. Die seit Jahrzehnten vorangetriebene immer intensivere Nutzung der Äcker und Wiesen und das Wegsperren von Kühen, Schweinen oder Hühnern in immer gigantischere Ställe hat keine Zukunft. So kann es nicht weitergehen.
Gleichzeitig wird den auf Tierwohl und Umweltschutz bedachten Landwirten für ihre Leistung zu wenig Wertschätzung entgegen gebracht. Sie sind vielfach gezwungen, sich zu spezialisieren oder die Produktion auszuweiten, um wirtschaftlich überleben zu können.
Eine Neuorientierung wird nur von Erfolg gekrönt sein, wenn die Agrarförderung nicht länger an der Fläche orientiert wird. Deshalb ist die Forderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundesebene sinnvoll, die Tierproduktion in Deutschland an die verfügbare Fläche zu koppeln, so dass eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft möglich ist. Förderung muss es für die Betriebe geben, die naturnah produzieren, bei denen Tiere und Fläche in einem angemessenen Verhältnis stehen und Rinder, Schweine und Hühner auch mal das Tageslicht oder eine Weide sehen. Wer unter dem heutigen Preisdruck auf immer höhere Produktionsmengen setzt, der gräbt sich sein eigenes Grab.
Die Zukunft wird aber nicht nur auf dem Feld, sondern auch auf dem Teller entschieden. Wirklich klimaneutral, umweltfreundlich und tierschutzgerecht kann Landwirtschaft nur werden, wenn sich das Verbraucherverhalten ändert. Nur über eine Orientierung hin zu naturnaher Produktion kann der verhängnisvolle Kreislauf durchbrochen werden, der aktuell nur Verlierer kennt: Landwirte und Tiere, Verbraucher und Umwelt. Das wäre auch unserer Gesundheit förderlich, empfiehlt doch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung einen durchschnittlichen Verzehr von 80 g Fleisch pro Tag. Der Tatsächliche Verzehr liegt derzeit mehr als doppelt so hoch.
So könnte z.B. die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen und in Kantinen Fleisch aus besserer Haltung bzw. mehr Bioprodukte anbieten. Darüber hinaus liegt Kochen nicht erst seit Corona voll im Trend. Es ist gesellig und macht Spaß. Außerdem wird hier der Grundstein für eine gesunde Ernährung gelegt. Hier ist auch die Gemeinde Wallenhorst gefragt, in Schulen oder über Freizeitangebote Kinder und Jugendliche für dieses wichtige Thema zu gewinnen.
Ellen Akkermann